PILGERTAGEBUCH


Noch 95 Tage:

 

Die Flüge nach Lissabon und zurück ab Porto sind gebucht.

Das Ambiente Hostel in Lissabon ist reserviert.

Busticket Lissabon - Tondela kann ich erst 30 Tage vor Reisebeginn bestellen.

Die Strecke Tondela - Farminhão muss ich dann wohl (13,3km) zu Fuß gehen, oder mit dem Taxi fahren.

Direktflug von Bremen

nach Lissabon T2.

 

Der Flugpreis erhöht sich um 15 €, da ich mir einen Sitzplatz mit Beinfreiheit reserviert habe (F2).

 

Vom Flughafen Lissabon geht ein kurzer Weg zur

Bushaltestelle, von wo mich der Bus Linie 708 direkt in die Stadt und zum Hostel bringt.

Am nächsten Tag werde ich morgens wohl um 07:00 Uhr oder 09:30 Uhr mit dem Busunternehmen Rede expressos nach Tondela fahren und von dort zu Fuß oder mit dem Taxi zum Startpunkt meines Caminhos, Farminhão, kommen.
Vielleicht fahre ich aber auch mit dem gleichen Bus bis Viseu weiter.

 

In Farminhão gibt es eine Albergue mit 12 Betten, in der R. Escola, 

Tel.: +351 232996525

Mob.: +351 917821198


23.03.2016

Noch 13 Tage bis zum Start und es kommt mir immer noch vor wie eine kleine Ewigkeit. Im Ernst, ich gehe nur noch lustlos zur Arbeit, beschäftige mich gedanklich ständig mit dem Caminho und kann es eigentlich kaum erwarten endlich wieder mit dem Rucksack für 2-3 Wochen dem Alltag zu entfliehen.

Zwischenzeitlich hätte ich meinen Plan fast noch über den Haufen geworfen. Na ja, nicht die Pilgerreise ansich, sondern die Route. Denn ständig "sprach" es in mir: "Geh´ doch besser die Fortsetzung der Via de la Plata, die du ja bereits begonnen hast". Doch dieser Aufforderung konnte ich dann doch dadurch widerstehen, indem ich einfach mal heute die Busfahrt von Lissabon zum Startpunkt meiner Pilgerreise, nach Viseu, gebucht und bezahlt habe. Nun gibt es also keine Änderungen mehr und alles sollte wie vorgesehen laufen.


Ich werde nun doch von Lissabon mit dem Rede expressos - Bus nach Viseu fahren. Online-Buchung funktionierte nach einigen Versuchen auch ganz gut.

Und eine Jugendherberge habe ich dann für den 06.04.2016 in Viseu auch noch ausfindig gemacht. Entweder werde ich dort übernachten, oder ca. 16,7 km weiter, in der Albergue in Almargem.



04.04.2016

 

Morgen früh, um 08:25 Uhr, hebt hoffentlich der Flieger nach Lissabon in Bremen ab und bringt mich an den Startpunkt meines diesjährigen Pilger-Abenteuers, also zu meinem 4. Caminho in Portugal.

  • 2013 war es im März der Caminho Portugues Central (jedenfalls großteils),
  • 2014 musste ich meinen "Kurz-Caminho" im November bereits nach einer Etappe wegen Rücken abbrechen,
  • 2015 bin ich dann den bis dahin unbekannten, einsamen Caminho Portugues da Costa gepilgert.

Und diesmal soll es halt noch unbekannter, aber hoffentlich nicht noch einsamer, werden.

Ich habe gelesen, daß der "Caminho Portugues Interior de Santiago" erst 2012 offiziell als Jakobsweg eingeweiht wurde und somit noch neu ist. Ich hoffe zumindest einige portugiesische Wanderer/Pilger auf diesem Weg zu begegnen.

 

Witzigerweise habe ich heute, nachdem ich letzten Freitag zur Blutabnahme war, einen Gesundheits-Check-Up bei meiner Hausärztin. Ich hoffe nur, daß sie mir beste Gesundheit bescheinigt und ich nicht mit irgendwelchen Horrordiagnosen im Hinterkopf losziehen muß.


05.04.2016, TAG 1 - LISSABON
Um 06:00 Uhr fahre ich mit der Linie 6 zum Flughafen Bremen, check ein und gehe durch die Sicherheitskontrolle zum Abfluggate. Rucksack und Offiziersmesser, welches ich unaufgefordert vorgezeigt habe, gehen als Handgepäck durch und ich kann mir noch in aller Ruhe ein Frühstück gönnen.

 

Der Flieger hebt pünktlich ab und erreicht Lissabon 3 Stunden später bei bedecktem Himmel und ca. 15 Grad. Es ist 10:30 Uhr ,ich mache mich direkt mit GoogleMaps auf die Suche nach dem Hostal Ambiente und finde es umgehend etwas außerhalb der Altstadt. Nett, freundlich, sauber und für 13 € absolut ok.
Nachdem ich mich eingerichtet habe check ich erst einmal den Busbahnhof von RedeExpressos, der am Zoologischen Garten liegt.

 

Alles bestens soweit und ich mache einen kurzen Stadtrundgang. Großstädte sind mir auf dem Camino immer zu wider und ich mache es kurz. Hänge anschließend in einem kleinen Park bei Bier und Tosta xxl ab und spiele Tischtennis mit der Dorfjugend. Das muss für heute reichen. Ich bin müde und ziehe mich ins Hostel zurück. Duschen, TV und 'ne Mütze Schlaf. Freu mich auf morgen.
Den Rest von Lissabon spare ich mir für eine Städtreise auf, denn es gibt mehr zu besuchen und besichtigen, als ich an diesem Tag abarbeiten könnte.


06.04.2016, 2. TAG Lissabon - Viseu 18,6 km
Heute morgen entfliehe ich der Großstadt Lissabon und fahre mit dem RedeExpressos - Bus nach Viseu. Lissabon jedoch spare ich mir für eine Städtreise auf. Draußen sind es 14 Grad, die Sonne scheint, die Frisur sitzt.

Morgens stehe ich früh auf und genieße das inkludierte Frühstück. Dann fahre ich vom Hostel mit dem Bus, Linie  726 zum Sete Rios, dem Busbahnhof von RedeExpressos. Alles ist gut organisiert und der Bus fährt pünklich um 08:00 Uhr los.

Die Fahrt geht über Fatima und Coimbra nach Viseu, meinem Startpunkt.

Es ist noch recht kühl, verspricht jedoch ein schöner Tag zu werden. Meinen ersten "Sello" (Stempel) bekomme ich in der Tourist-Information in den Pilgerpass gestempelt.

 

Endlich...
endlich wieder Caminho - Staub unter den Sohlen, Vorstadtidylle, kläffende Kleinhunde, aber ansonsten Ruhe und Beschaulichkeit bei bestem Pilgerwetter.

Ges geht auf kleinen Sträßchen, Wegen, Wald und Wiesen dahin. Ich durchstreife kleine Dörfer und fühle mich phantastisch.

Es sind zwar nur 18,6 km bis Almargem, doch die haben es ganz schön in sich. Es geht stetig bergan, am Ende sogar auf altem Römerweg.
Der Caminho ist bisher vorbildlich ausgezeichnet.

 

Um 16:00 Uhr erreiche ich Almargem und finde auch direkt die Herberge, die allerdings verrammelt ist. OK, ich gehe in die Dorfbar und versuche der Wirtin auf "GoogleTranslator-Portugiesisch" zu erklären, daß ich ein Pilger bin und sie doch bitte den Gemeinde-Chef anrufen möchte, damit ich an den Schlüssel für die Herberge komme. Sie versteht meinen Wunsch anscheinend nicht so richtig, sodaß ich gezwungen bin selbst zu telefonieren. Ich verbiege mich im Portugiesischen und stelle am Ende fest, der Gemeinde-Chef sprichtein wenig deutsch.

 

Nachdem mir José Fernandes, der mal in der Schweiz gearbeitet hat, den Schlüssel bringt, erfahre ich von ihm, daß er bisher nur 4x in diesem Jahr den Schlüssel herausgeben musste. Schade eigentlich, bei diesem schönen Caminho (bisher). Alles wirkt sauber und fast unbenutzt.
Ich kaufe noch ein wenig "Proviant" für morgen in der Bar ein und richte mich dann in der Herberge ein. Bin natürlich alleine.
Bis auf die Bar und eine kleine Kirche hat Almargem nix zu bieten. Ist aber auch gut so, still und heimelig.


07.04.2016, 3. TAG Almargem - Ribolhos 27 km
2 wichtige Dinge haben sich gestern noch ereignet. Zum einen hat mich mein Pilgerstab "gefunden". Er lag in einem Kiefernwald im Unterholz und musste nur noch ein wenig gereinigt und etwas beschnitten werden.

Zum anderen musste ich feststellen, dass mein Ladekabel fürs Handy defekt war und ich keinen Strom mehr hatte.

 

Zum Weg heute: Ich habe gut geschlafen und starte um ca. 07:00 Uhr. Um es kurz zu machen, es war Hölle anstrengend auf den knapp 27 km. Rauf auf den Berg und runter ins Tal durch ein Dorf. Und erst im dritten Dorf dann die ersehnte Bar für eine Erfrischung.
Die Landschaft war wieder wunderschön. Fast nur auf Naturwegen, kaum Straße, dafür viel Einsamkeit, Ruhe und schweißtreibendes Wandern.

Irgendwann erreiche ich Ribolhos und finde die Herberge. Wieder nicht bewirtschaftet und verschlossen. Freundlicherweise besorgt mir die Kindergärtnerin vom Kindergarten nebenan den Schlüssel. Alles ist sauber, die Heizung funktioniert und das Wasser ist warm. Was will Pilger mehr ?
Und weil ich ja noch ein Ladekabel brauche spaziere ich nochmal fünf Kilometer nach Castro Daire. Werde dort gleich fündig und fahre mit dem Taxi für 7 € zurück, um eine Bar oder ein Café zu suchen. Doch geöffnet hat nur die Tankstelle an der Nationalstrasse, wo man auch essen und trinken kann. Ich habe Kohldampf und verschlinge portugiesisches Fastfood und einige Vinho Tinto.

Kleines Fazit für heute: dieser Caminho ist nix für Anfänger. Die Topographie ist anspruchsvoll und in den Dörfern gibt es oft keine Bars oder Läden. Da muss man vorsorgen.
So, nun geht es gleich ab in die Heia, denn wer weiß was mich morgen erwartet.
Wegen Akku leer nur einige Fotos an diesem Tag.


08.04.2016, 4. TAG Ribolhos - Lamego 40,5 km
Das Schlimmste ist morgens ohne einen Café aus dem Hause zu gehen. Da muss ich mir gelegentlich mal Löslichen Kaffee kaufen.


Heute ist es nicht so mörderisch anstrengend wie gestern. Ich überquere einen Fluss auf eingesetzten Steinen, gehe viel auf kleinen Sträßchen durch Dörfer und finde tatsächlich nach 3 Stunden eine offene Bar für einen Café und eine ausgiebige Pause.
Das Wetter bleibt sonnig schön, auch wenn es Nachtfrost gegeben hat.


Nach 2 Tassen Kaffee fühlt es sich an, als ob der Turbo aufgeladen wäre und ich komme gut voran. OK, es ist recht flaches Gelände. Die Landschaft ist heute bäuerlich geprägt. Viele Viehweiden, abgegrenzt durch niedrige Steinmauern. Später geht es über eine unwirtliche Hochebene, baumlos und nur mit Gestrüpp und riesigen Felsbrocken übersät.
Bigorne lasse ich links liegen und auch Penude, wo ich eigentlich übernachten wollte, lasse ich aus.


Am Ende des Tages erreiche ich Lamego um ca. 19:00 Uhr, erschöpft aber zufrieden. Zur Belohnung meiner Leistung gönne ich mir ein Hotelzimmer für 40 € inkl . Frühstück und ein tolles Abendessen, mit Gemüsesuppe, Fischgericht, Vinho Tinto und Café. Anschließend bin ich pappsatt und habe ordentliche Bettschwere.


09.04.2016, 5. Tag Lamego - Vila Real 40,5 km

Der Weg hinaus aus Lamego ist recht kurzweilig. Es geht auf kleinen Straßen und entlang der Weinberge, wo die Reben gerade die ersten Knospen treiben.

Allerdings ist es heute bewölkt, der leichte und stetige Sprühregen nervt, und der Wind macht das pilgern nicht angenehmer.

 

Auch dieser Tag war wieder recht anstrengend, doch landschaftlich sehr eindrucksvoll. Hier befindet man sich auf der Rotwein-Route. Weinberge und blühende Obstbäume wohin das Auge blickt.

 

Peso da Régua nutze ich für eine ausgiebige Rast. Hier fließt der Río Douro und an den Anlegern des Flusses liegen viele Fahrgastschiffe. Wer Zeit hat, kann hier auch eine Fahrt mit einer historischen Dampflock nach Tua und zurück machen.

 

Bis 10 km vor Vila Real geht's entlang der Weinberge, meistens ohne große Höhenunterschiede. Erst später, hinter Santa Marta de Penaguião schraubt sich der Weg hoch über Weinhänge  hinauf nach Vila Real. Durch einen Park komme ich in die Stadt und quartiere mich nicht bei den Betschwestern, sondern in einem billigen Hotel ein. Physisch geht es jetzt besser, auch wenn es zum Schluss noch geregnet hat und die Aussichten nicht vielversprechend sind für den nächsten Tag.

 

Das Hotelzimmer (40€) verfügt über eine Badewanne und ich genieße nach meiner Ankunft um 19:30 Uhr erst einmal ein ausgiebiges Vollbad. Danach gehe ich in einem Restaurant und belohe mich mit einem feinen Abendessen und Vinho Tinto.




Die erste Möglichkeit eine Kaffeepause einzulegen war nach 3 Stunden. Nach 2 starken Café solo sprang mein Turbo an.

Der BLAUE Pfeil weist immer in Richtung Fátima, dem wichtigstem Wallfahrtsort in Portugal.

 

Der GELBE Pfeil weist immer in Richtung Santiago de Compostela, neben Rom und Jerusalem bedeutenster Wallfahrtsort des mittelalterlichen Europa.


Belohnung für einen langen und anstremgenden Pilgertag. Ein Einzelzimmer mit Dusche, WC und Badewanne. Pilgerluxus !! nach über 40 km.

Eine klassische portugiesische Snack-Mahlzeit: Francesinha, Es besteht aus Toastbrot, Kochschinken, oft Chorizo, Beefsteak oder gebratenem Rindfleisch und wird mit geschmolzenem Käse sowie einer heißen Soße aus Tomaten, Bier und Senf übergossen.



10.04.2016, 6. Tag Vila Real - Parada de Aguiar 26,0 km

Am Morgen frühstücke ich in der zum Hotel gehörenden Bar und gehe trotz des strömenden Regens um 08:00 Uhr los auf den Caminho. Muss ja weitergehen.

 

Nach etwa 1,5 Stunden geht es, nachdem ich bisher auf kleinen Landstraßen ging, ab in einen Waldweg, wo ich dann nach einer weiteren halben Stunde einen Unterstand in Form eines Heuschobers finde, wo ich eine kurze Rast einlegen kann und Schutz vor dem Regen finde. In der Ferne ist Donnergrollen zu hören. Ich verspeise etwas von meinem Proviant, rauche eine Zigarette und hoffe, daß der Regen nachläßt. Doch Pustekuchen, nix da. Also wieder in die Regenklamotte und weiter.

 

Nachdem ich das Waldstück verlasse, treffe ich in einer kleinen Ortschaft auf eine Bar, wo sich die Kirchgänger gerade nach dem Gottesdienst zu versammeln scheinen.

Ich trinke 2 Café und beschließe den weiteren Weg auf der Nationalstraße N2 zu gehen, was mir bei der schlechten Witterung sinnvoll erscheint. Erstens verläuft der Caminho etwa parallel zu der Straße, zweitens finde ich dort Bushaltestellen, um mich mal kurz unterzustellen und zu rasten, drittens vermeide ich verschlammte, überflutete Wald-/Feldwege.

 

Kurz vor meinem Etappenziel finde ich zu Beginn eines erneuten Regengusses Unterschlupf in einer Bar und erreiche kurze Zeit später die Albergue de Santiago in Parada de Aguiar. Es ist 15:30 Uhr und das Tor zur Herberge mit einem Vorhängeschloss verrammelt.

Wieder muß ich eine Tel.-Nr. anrufen, um von der Gemeinde den Schlüssel zur Herberge zu erhalten. Das geht recht schnell, denn schon nach 10 Min. kommen 2 nette Damen daher, überreichen mir den Schlüssel und zeigen mir die Räumlichkeiten. Den Schlüssel darf ich dann am nächsten Morgen in den Briefkasten werfen, die Spende für Übernachtung soll ich in einen Umschlag hinterlegen.

 

Insgesamt war diese Etappe eher flach und weniger anstrengend, als die Vortage. Auch hatte ich Gelegenheit Pausen einzulegen.

Aufgrund defektem Boilers fällt die Dusche heute aus und ich gehe nochmal 3 km zurück zu der letzten Bar, wo auch Speisen serviert werden.

Unterschlupf bei Starkregen im Wald, bietet auch mal ein alter Heuschober. Spechte klopfen an Bäume, der Kukuk ruft, der Regen bleibt.

Auch Bushaltestellen bieten hervorragenden Schutz, wenn mal eine Regenpause fällig wird.

Die Herbergen auf diesem Caminho sind i.d.R. nicht mit Hospitaleros besetzt und verschlossen.

Um an den Herbergs-schlüssel zu gelangen muss meistens eine Tel.-Nr. der Gemeide angerufen werden.

Anfängerfehler eines erfahrenen Pilgers ! Der Pilgerpass sollte möglichst wasserdicht ein einem Beutel aufbewahrt werden.

Für dieses Essen bin ich gerne noch einmal 3 km hin und 3 km zurück marschiert.

 

Man muss sich einfach mal trauen und die regionale Küche kosten. Auch ohne portugiesische Sprachkenntnisse konnte ich meine Wünsche vermitteln.



11.04.2016, 7. Tag Parada de Aguiar - Vidago 23,9 km

In der Nacht War es draußen bitterkalt. Es hat sogar geschneit. Nur gut, dass ich einen Radiator hatte, der mein Zimmer erwärmt hat.
Die heutige Etappe - es ist trocken - verlief in einem Tal unspektakulär und ohne nennenswerte Steigungen.

 

Höhepunkt der Etappe war jedoch, dass ich ständig den Weg über Steinmauern, auf Viehweiden verlassen musste, weil der Weg häufig eher einem Bach glich, wo kein Weiterkommen möglich war.

Ansonsten verbindet die beiden Orte ein weites Tal, in dem es ohne nenneswerte Höhenmeter fast immer geradeaus dahin geht.


In Vigado angekommen, nehme ich Quartier bei der Feuerwehr, den Bombeiros. Alles da, was man braucht, ein frisch bezogenes Bett im Schlafsaal, mit Wappen auf der Bettwäsche, warme Dusche, Küche mit Aufenthaltsbereich, TV und Kaffeeautomat.

 

Das ich hier in Portugal, auf dem Caminho Interior, so gar keine Pilgergesellschaft habe, geht mir mittlerweile ziemlich auf den Senkel. Ich würde gerne mal jemanden unterwegs oder in den Herbergen treffen und ein wenig quatschen. Aber nun ist es ja auch nicht mehr weit, dann passiere ich die spanische Grenze und schwenke auf den Camino Sanabres (Via de la Plata), wo sicher schon Pilger unterwegs sind.

Die Orte, die bisher durchwandert wurden, haben meistens nicht viel zu bieten, doch landschaftlich ist der Caminho bisher durchaus reizvoll. Noch schöner würde ich es bei Sonnenschein empfinden.

Scheint heute irgendwie mein Frusttag zu sein. Ich bin es leid, so ganz alleine auf dem Weg zu sein.

Also gehe ich erst einmal im Ort eine Pizza essen. Na klasse, die war dann auch noch so richtig schlecht. Sollte angeblich mit Meeresfrüchten sein, bestand aber nur aus einigen Garnelen und Surimi als Auflage. Bäääh!

Uußer der sehr guten Kennzeichnung des Weges findet man nur wenig Bezug, daß es sich um einen Jakobsweg handelt.

An diesem Tage hat es mal nicht geregnet und eine Pause am Brunnen konnte so richtig genossen werden.

In Vidago hat man einen tollen Blick über den Ort vom Kirchturm der Stadt, der sich oberhalb auf einem Felsen befindet.

In Portugal ist es üblich, daß Pilger auch bei der örtlichen Feuerwehr Unterkunft finden.



12.04.2016, 8. Tag Vidago - Chaves 19,6 km

Die Nacht bei der Feuerwehr war erholsam. Morgens halb acht mache ich mich bei leichtem Regen auf den Weg. Es geht weiter im Tal entlang des Rio Tâmega, auf kleinen Landstraßen, Feld- und Wanderwegen.
Die Regenklamotte kann ich bald ablegen und ein wenig Sonne bricht zwischen den Wolken hervor.

 

Sonst passiert nicht sehr viel an diesem Pilgertag. Ich begegne lediglich einem Bauern und etwa 35 bellenden Hunden, die aber friedlich sind.


Mittags komme ich in Chaves an und stelle fest, daß es die erste Stadt bisher ist, die einiges an Sehenswerten zu bieten hat. Thermalquelle, Römerbrücke, mittelalterliche Burg, Festung und ne nette Altstadt.
Unterkunft finde ich in einer kleinen günstigen Pension, bevor es den Rest des Tages heftig regnet. Schwein gehabt.


Morgen sind die Aussichten auch nicht so toll, aber ich freue mich die spanische Grenze zu überschreiten und bald, wohl ab Laza, auf Mitpilger zu treffen.

Die Wegführung des Caminho Portugues Interior ist weiterhin, auch in den Ortschaften ganz ausgezeichnet. Ein Verlaufenist fast unmöglich, wenn man nur immer aufmerksam auf die Zeichen achtet.

Mein Bett in einer kleinen Hospedería, der "Cá te Espero". Zwar ohne Heizung, aber mit reichlich Decken. 30€



13.04.2016, 9. Tag Chaves - Verin (ES) 32,4 km

Frühstück und Heizung in meiner Pension - Fehlanzeige. Dafür aber reichlich wärmendes Bettzeug.
Ich frühstücke in einer Bäckerei und los geht's so gegen 08:00 Uhr Richtung spanischer Grenze.


Heute gab es einen fröhlichen Regen- Sonne-Mix. Die Regenhose habe ich mir heute ganz gespart, doch die Regenjacke und T-Shirt waren im Wechsel immer im Einsatz.


Zur Etappe Ansicht gibt es nicht viel zu berichten.  Viel Asphalt heute, Frühstückspause am Weg und ansonsten Vorstadt, Industriegebiet, Landstraße, Schotterweg, bellen Hunde, ein Kukuk auf der Baltz.
Fast unbemerkt von mir überschreite ich die spanische Grenze und erreiche Verin um etwa 16:00 Uhr oder so.
Die kommunale Albergue ist der Hammer. Als kleines Geschenk erhält der Pilger ein signalfarbenes Raincover für den Rucksack, mit aufgedrucktem Camino - Gruß. Und die Regendusche in dem Top-Sanitärbereich werde ich später auch noch versuchen. Super modern eingerichtet, in altem Gemäuer, bietet sie jeglichen Pilgerkomfort. An der Rezeption empfängt mich eine nette junge Spanierin und kassiert 6€.


Morgen steht eine Verbindungs-Etappe nach Laza auf dem Zettel, denn ich will ab dort auf dem Camino Sanabres weiterpilgern - hoffentlich dann in Pilgergesellschaft.
Doch so schlimm, wie es sich von mir angehört hat die letzten Tage, war es bisher doch nicht. Alles gut, alles tuti...

Für mich die klassische Pilger-Zwischenmahlzeit als (meist) Selbstversorger. Milchbrötchen, Zwiebel, Wurst/Käse sowie Dosenmuscheln, -pulpo, -sardinen.

Hier in Spanien finde ich sie dann auch wieder, die Wegsteine mit Pilgermuschel, wo Pilger auch mal kleine Steine ablegen.

I.d.R zeigt der Muschelfächer in die richtige Laufrichtung.

Schöner abendlicher Blick aus dem Fenster im Schlafsaal der Herberge.



14.04.2016, 10. Tag Verin - Laza 19,8 km

Ich stehe heute Morgen, wie fast immer, um ca. 07:00 Uhr auf und muss feststellen, es ist noch stockfinster draußen. Doch die Zeit stimmt, die Wolken schlucken jegliches Tageslicht und es regnet Katzen und Hunde.

Ach ja... und außerdem ist die Zeit hier in Spanien ja wieder eine Stunde vorgestellt.
Um 08:00 Uhr ist dann Schluss mit lustig und ich verlasse Verin Richtung Laza, meine "Verbindungsetappe" zum Camino Sanabres.


Trotz des Regens ist es schön zu wandern. Auf Landstraße geht es durch Mixós und Retorta, bevor ich in Matamá endlich meinen verdienten Café in einer Bar bekomme.
Der Regen macht auch mal Pause und es wird nochmal so richtig schön. Rechts und links bewaldete Berghänge und in der Mitte der, mit viel Regenwasser angeschwollene, Rio Támaga. Ach und Wegweiser des Camino gibt es widererwartend auch auf diesem Abschnitt.
Auf gut begehbaren Feld- und Waldwegen erreiche ich das Dorf Laza gegen Mittag, hole mir beim Rettungsdienst den Herbergsschlüssel und gehe, nachdem ich mich eingerichtet habe, in den Ort. Nett und ruhig ist es hier. So richtig zum Abhängen heute Nachmittag.

 

Es gibt noch 4 spanische Pilger, also zwei ältere Ehepaare, doch die wollen eher für sich sein. Aber immerhin.
Jetzt bin ich auf dem Camino Sanabres (VdlP).

 

Ich gehe in den Ort und esse Caldo Verde und Lammhüfte. Dazu gibt es einen lecker Vino Tinto und der Tag war mein Freund.

Zurück in der Herberge stelle ich fest, daß sie mittlerweile mit 10-12 Pilgern doch ganz gut belegt ist. Von der Nationalität sind wir Spanisch, Französisch, Czechisch, Deutsch.
Trotzdem ich im Dorf schon gegessen habe, koche ich mir in der Küche noch ein kleines warmes Abendessen aus Tortelini, Zwiebel, Tomate, Oliven, Chorizo. Den Teil, den ich nicht verspeise fülle ich in eine Tupperdose für die morgige Mittagspause ab.

Diese Rucksack-Regenhülle habe ich in der Herberge als kleines Geschenk erhalten.

Schon einen Tag später habe ich sie an eine Pilgerin weitergegeben, die Probleme hatte, ihren Rucksack bei Regen trocken zu halten.

Die Bäche, die auf der Strecke überquert werden sind durch den starken Regen mächtig angeschwollen.

Ich befinde mich jetzt definitiv auf der Via de la Plata (Camino Sanabres).

Und nach einem deftigen Essen in einer Bar gibt es regelmäßig einen schönen starken Cafe´solo. Und gelebentlich auch einen Hierbas.
Der Basisschnaps, der Orujo, ist ein Tresterschnaps und wird in der Likörvariante als Digestif getrunken.

Fast alle Herbergen verfügen über Selbstver-sorgerküchen, die allerdings gelegentlich sehr schlecht ausgestattet sind mit Töfpen und Geschirr.



15.04.2016, 11. Tag Laza -  Vilar de Barrio 31,1 km

Das Frühstück, also einen Café Grande, gab es morgens kurz nach acht in einer Dorfbar, bevor es bei strömendem Regen Richtung Vilar de Barrio ging.

 

Eigendlich der perfekte attraktive Pilgertag, mit schöner Wegstrecke, tollen Ausblicken usw., wenn dieses scheiß Regenwetter nicht gewesen wäre.
Dennoch habe ich die Etappe genossen. Erst ging es zur Eingewöhnung auf flacher Strecke auf Landstraße, bevor ein anstrengender Anstieg hinauf nach Albergueria folgte. Dieser wäre bei schönem Wetter sicher eine Augenweide, doch wenn man fast in den Wolken wandert hat man da nicht so viel davon.
Bei der "berühmten" El Ricón del Peregrino, bei Luis, gab es die verdienten Café und man durfte sich auf einer seiner Muscheln verewigen, die massenhaft in seiseinem Lokal herumhängen.
Einige Pilger sitzen vor einem Kaminofen, wärmen sich oder trocknen ihre Klamotten. Auch ich beschrifte eine Jakobsmuschel, mache die obligatorischen Fotos und ziehe nach kurzer Zeit weiter.

 

Von dort war es dann nicht mehr weit bis nach Vilar de Barrio. Doch es regnet in einer Tour weiter, sodaß ich kaum Möglichkeit habe vernünftige Fotos zu machen. Es war eh alles in Wolken gehüllt und die Fernsicht gleich null.
Ich wäre eigentlich gerne noch weitergegangen, aber ich habe Wasser im linken Schuh und keinen Bock auf noch mehr Regen. Die Herberge ist wieder mal sauber, gepflegt und gut ausgestattet. Sogar mit Füßbodenheizung kann sie aufwarten. Die Küche soll allerdings nicht benutzt werden. Aber in einer urigen kleinen Gastwirtschaft gegenüber der Herberge habe ich bei einer alten Dame tolle Speisen und Getränke verköstigen können. Ich war pappsatt und ein wenig angeduselt, als ich den Laden verließ und um nur 10 € erleichtert war. Abends bin ich dann mit 4 netten Mitpilgerinnen noch einmal dort gewesen und fühlte mich dort schon fast heimisch.

Ein ebenfalss oft anzutreffender Wegweiser auf dem Camino Sanabres ist ein Findling mit Richtungspfeil.

Dieser hier ist noch mit einer Jakobsmuschel schön verziert.

Rechts daneben lehnt mein selbstgemachter Pilgerstab.

Trotz des heftigen Regens mal wieder an diesem Tage, gab es immer wieder viele "Kleinigkeiten" zu bestaunen.
Viele der Fotos habe ich allerdings mit dem Smartphone gemacht, da ich meine Spiegelreflexkamera nicht so sehr dem Regen aussetzen wollte.

Deftige galizische Hausmannskost wurde mir in der kleinen Gastwirtschaft unterhalb der Herberge serviert.

Die Pilgerherberge von Vilar de Barrio.



16.04.2016, 12. Tag Vilar de Barrio - Ourense 37,8 km

So richtig wollte ich am Morgen gar nicht in die Gänge kommen. Na klar, es regnet. Deshalb sitzen Mitpilger und ich erst um nach 09:00 Uhr in der örtlichen Bar/Café und warten...
Um 09:45 Uhr hört die Schütte dann auf und ich starte die heutige Etappe. Geschlagene ZWEI Stunden regenfrei.


Es geht durch Gebiet mit Ackerbau und Viehzucht, die Sandwege zum bepilgern wären richtig gut, wenn die Niederschläge sie nicht teilweise in Bäche oder Tümpel verwandelt hätten. Da ist dann Phantasie und meine "Rangererfahrung" hilfreich, diese Stellen zu überwinden oder auf frischgepflügtem Acker zu umgehen.
Der Weg führt meist eben oder abwärts und ich komme gegen Mittag in der Herberge in Xunqueira an, wo ich bereits mein Bett beziehen will, doch dann einem plötzlichen Impuls folgend entscheide, doch bis Ourense weiter zu gehen. Bis hierher waren es nur 15 km und es ist früh am Tage...
Gedacht, getan. Ich sage Tschüß zu den Mitpilgern und bin 2 Kaffeepausen später 10 km vor Ourense und laufe jetzt nur noch durch Industriegebiet und Vororte. Aber bei diesem anhaltenden Mistwetter ist auch sowas dann eine willkommene Abwechslung.


Um ca. 18:45 Uhr komme ich in die Innenstadt und Belege ein Bett im Hostel für 15 €/Nacht.
Und nachdem ich die Altstadt noch kurz besucht habe, entscheide ich mich hier einen Ruhetag einzulegen. Denn es gibt einige Sehenswürdigkeiten zu begucken, doch dafür ist es heute zu spät.
Ich Freu mich auf relaxen, abhängen, chillen, in die Therme gehen.

 

Dennoch gehe am Abend noch einmal in die schöne Altstadt - natürlich immer noch ungeduscht - ein wenig was spachteln. Das mit der Selbstversorgung kommt bei diesem Caminho anscheinend etwas zu kurz.

Der Regen hat aufgehört, es ist trocken und milde, sodaß ich draußen sitzen und dem bunten Treiben auf der Straße zusehen kann.

Pilger morgens im Regen.

Die kommunale Herberge in Xunqueira habe ich, da ich schon mittags dort war, links liegen gelassen und bin weitergepilgert.

Beim Anblick dieses Schafes in voller Wolle musste ich irgendwie an Shawn das Schaf denken.

Das Industie- und Gewerbegebiet vor Ourense wäre bei Sonnenschein sicher nicht so interessant gewesen, wie an diesem Regentag.

Graffiti können die Spanier auch ganz gut, wie ich finde. Einige dieser Wandmalereien habe ich gesehen.

Ourense bei Nacht ist auch ganz hübsch.



17.04.2016, 13. Tag Ourense Ruhetag

Nach 08:00 Uhr morgens regnet es nicht mehr über Ourense, teilweise scheint die Sonne durch die Wolken und ich beginne einen entspannten Ruhetag mit Besichtigungen, rumsitzen, Kaffee trinken und nix tun.

 

Der Tag heute hat wirklich gut getan. Erstens ist die Stadt eine ausgiebige Besichtigung wert, zweitens konnte mein Körper die Erholung gut gebrauchen.
Ich besichtige die Thermenbäder, die prunkvolle Kathedrale, gehe über die Römerbrücke am Rio Miño, spaziere durch die Altstadt, über Friedhöfe und sitze in den Bars herum bei Café und Vino.
Ich treffe auch eine ehemalige Mitpilgerin wieder, die junge Czechin, der ich den Weg zur Herberge im Convent beschreibe.

 

Ourense hat zwar 100.000 Einwohner, die Altstadt jedoch versprüht einen angenehmen Charme, eine Ruhe und Gelassenheit, die ich genieße.

 

Und für morgen früh habe ich ganz gewagt und demonstrativ die Regenklamotte im Rucksack verstaut.

Die Römerbrücke über den Rio Miño werde ich auch am kommenden Tag  nochmal überschreiten müssen.

Eine leckere Tortilla-Variante wurde mir in einer Bar zum Café serviert.



18.04.2016, 14. Tag Ourense - Dozón 42,6 km

Heute seit langer Zeit der erste Tag ohne einen Tropfen Regen. Ich bin voll motiviert und es wundert mich nicht, dass ich die folgenden 42 Kilometer kaum gespürt habe.


Hinter Ourense geht es recht knackig aufwärts. Dafür wird man von einer kleinen Kapelle aus, die hochoben auf dem Berg liegt, mit einem phantastischen Ausblick zurück auf die Stadt belohnt.

Entgegen allen Empfehlungen, auch von Mitpilgern, bleibe ich auf dem offiziellen Weg und nehme nicht die Straße. Ist zwar ab und an mit kleinen Herausforderungen verbunden, doch es lohnt sich. Der Camino zeigt sich heute von seiner schönen, sympa-thischen Seite.
Hinter Cea, wo berühmtes Brot gebacken wird, wähle ich die Variante über Pi
ñor und erreiche Dozón, nachdem ich kurzzeitig die Markierungen verloren habe. Um 18:30 Uhr, erreiche ich Dozón, wo ich ein Bier in der Bar "Canton" trinke und ein Bett in der gut belegten Herberge belege. Für einen Belgier sehe ich wohl sooo erschöpft aus, daß er mir sein Unterbett des Doppelstockbettes aufnötigt. Da sage ich doch danke.


Anschließend, noch vor 21:00 Uhr, gehe ich nochmals in die Bar und kaufe im Dorfladen hinterm Haus für den kommenden Pilgertag noch etwas Proviant ein. Dann zurück in die Bar meinen Wein zuende schlürfen und dann geht es auch bald ab in die Falle.

 

In der Herberge sind wir zu lediglich zu 7 Pilger, darunter nun auch 3 Spanier, die die letzten 100 km ab Ourense pilgern wollen. Also in etwa so wie auf dem Camino Francés von Sarria.

An diesem Pilgertag konnte ich teilweise sogar im T-Shirt laufen. Es war milde und meist sonnig. Erstmals habe ich auch Musik übers Smartphone gehört. Man glaubt es kaum, aber die Musik kann auch antreiben.

Der Torre del Reloj ist das Wahrzeichen der Stadt, das durch sein besonders schmackhaftes Brot weithin bekannt ist.

Hinter Cea kann man zwischen 2 Varianten entscheiden. Entweder links über Piño, oder rechts über Oseira.



19.04.2016, 15. Tag Dozón - A Laxe 19,9 km

Heute früh mal wieder so um 09:30 Uhr gestartet. War ja eh wurscht, denn es schüttet mal wieder, wie auch vorhergesagt.


Teilweise laufe ich heute auf der N525, teils aber auch auf Sträßchen, Schotter- und Waldwegen. Genießen kann ich es allerdings erst etwa eine Stunde vor dem Tagesziel, als der Regen aufhört und ich Freude an der Landschaft und damit auch Camino-Feeling verspüre. Vereinzelte Sonnenstrahlen und milde Temperaturen tun ihr Übriges.


Um die Mittagszeit erreiche ich die kommunale Herberge von A Laxe. Sie ist offen, aber noch verwaist. Nachdem ich mir eines der Betten ausgesucht habe, lade meine Sachen ab und besuche die Dorfbar, wo ich Café Cortado und einen Vino blanco de la Casa trinke. Dann kommt es "versehentlich" zu einer Verköstigung des berühmten Orujo und seiner Likör-Varianten. Der Tresterschnaps wird zu Likören verfeinert und dann als Hierbas, Café- oder Creme Likör gerne in Galizien verköstigt.


In etwas angeheitertem Zustand kommt mir die anschließende Dusche und ein selbstgekochtes Essen nur recht.
Mittlerweile sind wir zu viert in der Albergue. Die Czechin und die beiden Deutschen Frauen, Frauke und Birgit , die ich schon vorher mal getroffen habe, sind auch eingetroffen.

Hier fühlen sich die Menschen am Camino anscheinend mehr mit dem Jakobsweg verbunden, als in Portugal. In einem Garten sehe ich diese schöne Jakobus-Statue.

Aufgrund des starken Regens habe ich auch an diesem Tage nur wenige Fotos machen können. Wie man sehen kann, sind die Naturwege oftmals matschig und mit tiefen Pfützen gefüllt.

Verköstigung von Orujo und Hierbas in der Dorfbar. Die Liköre werden von den Wirtsleuten meist selbst hergestellt.



20.04.2016, 16. Tag A Laxe - Ponte Ulla 31,0 km

Heute, schon ziemlich zum Ende des Caminos, zeigt sich der Jakobsweg nochmal von seiner freundlichsten Seite. Schon am Morgen scheint die Sonne und der Weg ist mein Freund.

 

Nachdem die starke Regenphase nunmehr unterbrochen ist, schicken sich die Bauern an, ihre Wiesen zu mähen. Es duftet nach frischen Gras und überall scheint das Grün intensiver zu werden. Würde man sich einige Stunden an den Wegesrand setzen, könnte man den Pflanzen beim Wachstum zusehen.

Die Zeit auf der Etappe ist kurzweilig, es geht mal auf der N525 aber dann auch wieder auf kleinen Sträßchen, Feld- und Waldwegen dahin. Die Landschaft ist heute vorwiegend geprägt von Ackerbau, Vieh- und Schweinezucht.

Gefühlt ist dies eine der schönsten Etappen, die Kilometer ziehen nur so vorbei und ich kann mich nicht entschließen schon Mittags mit anderen Pilgern in Bandeira die Etappe zu beenden. So ziehe ich weiter. Ohne einen Regentropfen beschieße ich den Tag direkt hinter der Brücke von Ponte Ulla, nach 31 km, in der Bar Rios, wo Hilda, die Wirtin, auch einige Zimmer vermietet. Sie spricht deutsch (ein wenig), ist liebenswürdig und den Pilgern sehr zugewandt.


Ich treffe hier 3 Mitpilger aus Vortagen, einen Engländer und ein belgischen Ehepaar.
Der Gang durch den Ort fällt sehr kurz aus, denn nach 150m hat man ihn bereits wird verlassen. Dafür gibt es drei Unterkünfte, einen Supermarkt, eine Tankstelle und 3-5 Brücken über den Rio Ulla.
Am Ende des Abends zahle ich meine Rechnung, bestehend aus Einzelzimmerchen, gutem Essen, Getränken usw. 26€.

Die Niederschläge der letzten Tage lassen überall neues Leben hervorsprießen, wie hier einen Pilz auf einem bemoosten Baumstumpf.

Diese Aufnahme hat mich im nachhinein am meisten berührt und zeigt, wie schön der Camino auch bei beschissenem Wetter sein kann.

Meine nette Unterkunft in Ponte Ulla. Einzelzimmer für 12€. Unschlagbar günstig.



21.04.2016, 17. Tag Ponte Ulla - Santiago 22,5 km

Heute war/ist der letzte Tag meiner Pilgerreise. Ich bin bei Sonnenschein gestartet und bummelte die letzten Kilometer Richtung Santiago de Compostela so dahin. Will man denn wirklich ankommen, oder will man weiterpilgern ? Ich weiß es nicht, aber habe es wirklich nicht eilig.

Alles grünt und blüht auf einmal am Wegesrand. saftiges Grün und schöne Farben überall.

Hinter Ponte Ulla führt der Weg zuerst auf Feld-/Wiesen- und Wanderwegen stetig bergauf. Ponte Ulla liegt auf 83 hm und es geht moderat aber stetig hinauf bis auf ca. 300 hm.

Später geht es auf kleineren Straßen entlang durch die vielen kleinen Orte, die sich vor Santiago befinden. Teileise sind sie sehr hübsch, und man merkt, daß die Bevölkerung hier etwas wohlhabender zu sein scheint. Vieles ist top gepflegt.
Die Ankunft in Santiago kommt dann, aus südlicher Richtung kommend, recht spontan. Ich muss mich noch einige Anhöhen hinaufschrauben, gehe noch ein Stück auf der N525, überquere die Autobahn AP9, die Bahnlinie und stehe auf einer Anhöhe mit Blick auf die Kathedrale. Es fängt mal wieder leicht an zu regnen, doch auf Regenklamotte habe ich jetzt keinen Bock mehr.

 

Und dann stehe ich auch schon fast in der Altstadt, die ich ungewohnterweise diesmal aus südlicher Richtung betrete. Ganz anders, als wenn man aus Richtung Monte do Gozo kommt.


Meine Ankuftszeit ist ca. 14:00 Uhr und ich begebe mich auf direktem Wege zum Pilgerbüro, welches ja kürzlich erst in die Rúa das Carretas 33 umgezogen ist. Der Weg dorthin ist einfach zu finden. Man geht beim Parador Hotel die Treppe hinunter und hält sich rechts. Dort ist man schon auf der richtigen Straße und hat das Pilgerbüro auf der linken Seite. Der Eingang war allerdings über den Hinterhof, den ich über die Rúa de Domingo Garcia-Sabell erreiche.
Die Sicherheitskontrolle am Pilgebüro sind dieses Jahr sehr streng. Jeder Rucksack wird am Eingang von der Security geöffnet. Im Flur zum Büro hat sich eine Schlange von wartenden Pilgern gebildet, die Anwärter auf eine Compostela werden per Anzeigetafel zu den Schaltern beordert. Alles ist durchorganisiert. Allerdings  hatte ich diesmal einiges an Wartezeit, da (wohl wegen Siesta) nur 3 von 12 Schaltern besetzt waren.

Irgendwann hatte ich dann meine Urkunde und ging zu meiner gewählten Unterkunft. Habe mir wieder einmal die Bar La Tita ausgesucht, wo ich für nur 20€/Nacht ein mir schon vertrautes Einzelzimmer für zwei Nächte nehme. 

 

Am späten Nachmittag treffe ich einen fb-Freund, den Ueli, aus der Schweiz, der mich für den Abend zum Essen einlädt. Er begleitet eine kleine Pilgergruppen aus 8 Personen als Guide.

Ich gehe um 19:45 Uhr in das Restaurant, welches die Gruppe sich ausgesucht hat und verbringe einen netten Abend mit Kuskus, Gemüse und Vino Blanco.

Danke Ueli für die freundliche Einladung.


Morgen werde ich dann wohl in die Messe gehen und ansonsten den Tag locker und leicht in der Altstadt verbringen. Am Samstag fahre ich dann mit dem ALSA-Bus ab Busbahnhof nach Porto für den Rückflug in Richtung Heimat.

Ankommende Pilger an der Kathedrale:

Die Kathedrale und umzu:

Schlange im Pilgerbüro * morgens auf der letzten Etappe * Frühlingsboten * "Gedenkstätte"? an Eisenbahnbrücke * Bier und kostenloser Tapas dazu * Kirchenzugang



22.04.2016, 18. Tag Santiago Ruhetag

Hatte eine angenehme Nacht in meiner Butze in der Bar LA TITA. Bis spät nachts war es zwar recht lebhaft draußen, aber dank Gehörstopfen aus Silikon hatte ich die nötige Ruhe.

 

Am Morgen gehe ich hinunter in die Bar und bestelle mir ein einfaches Frühstück mit Café. Danach mache ich mir Gedanken um meine morgige Fahrt nach Porto.

Ich gehe zum Bahnhof, wo ich allerdings erfahre, daß der Zug nach Vigo, wo dann Umstieg nach Porto ist, an Samstagen nicht verkehrt. Schade, ich hätte die Bahnfahrt gerne mal ausprobiert. Na ja, macht nix, spaziere ich halt in Richtung Pilgerbüro, wo sich ebenfalls in der Rúa das Carretas, in der Post, ein ALSA-Bus-Schalter befindet, wo ich problemlos meine Busfahrt nach Porto reservieren kann. Kosten: 33 €.

 

Ich besuche die Kathedrale, schlendere durch die Stadt, chille herum und trödel durch den Tag.

Am Abend packe ich meinen Rucksack für die Heimreise, sortiere einige Hygieneartikel, Restproviant usw. aus, um es einfach hier zu lassen.

 

* aktueller Fahrplan Bahn/Bus Santiago - Porto * ALSA-Schalter links am Postkasten * während andere durch den Regen hetzen (müssen), kann ich im Straßencafé sitzen * bei Bier und Tapas *



23.04.2016, 19. Tag Santiago - Heimreise

Meine diesejährige Pilgerreise geht dem Ende zu.

Am Morgen eine letzte Dusche im Bad auf dem Flur, 2 Zigaretten auf dem kleinen Balkon des Zimmers, letzte Blicke die Rua Nova hinunter und innerlich schon einmal Abschied nehmen.

Ich verlasse mein Zimmer, begebe mich hinunter in die Bar "La Tita" und nehme noch einmal ein Frühstück, bestehend aus Tostada, Café solo und Orangensaft, zu mir.

Dann heißt es "hasta luego" Santiago. Ich mache mich auf den etwa 20-minütigen Weg zum Busbahnhof, von wo ich um 12:00 Uhr den ALSA-Bus nach Porto Aeroport nehmen will.

Der Weg zur Estación de autobuses, am Praza de Camilo Díaz Baliño führt am Rande der Altstadt entlang, vorbei an den Marktständen in der Rúa de Altamira, wo schon buntes und reges Treiben herrscht.

Ich erreiche den Busbahnhof so gegen 10:30 Uhr, kaufe mir meine Fahrkarte am ALSA-Schalter, genehmige mir einen Café solo Und da ich ja noch etwas Zeit habe, wandert mein Rucksack ins Schließfach und ich gehe noch einmal in der näheren Umgebung spazieren.
Ein Schönes Fotomotiv finde ich dann auf der Praza da Paz, wo mich eine Pilgerstatue noch einmal beeindruckt.

 

Meinen treuen Pilgerstab deponiere ich vor dem Busbahnhof an einem Pfeiler und begebe mich zum Bussteig.

Der Bus setzt sich pünktlich Richtung Porto Flughafen in Bewegung und erreicht ihn pünktlich um etwa 15:00 Uhr.

Da ich nur über Handgepäck verfüge, lasse ich mir Zeit und esse zu Mittag, bevor ich durch die Sicherheitskontrolle gehe und einchecke.

 ENDE und doch gleichzeitig ein ANFANG.

Da steht er nun, mein treuer Pilgerstab und wartet auf einen neuen Besitzer, der vielleicht von Santiago nach Fisterra pilgern möchte.

Letztes Foto der Ryanair-Maschine auf dem Flughafen von Porto.

FAZIT

Dieser Caminho war leider sehr regenlastig, doch landschaftlich sehr sehr schön. Er führte viel über Natur-, Feld- und Wanderwege und nicht so oft auf Asphalt oder Kopfsteinpflaster.

Die Herbergen waren durchgehend sehr gut gepflegt und ausgestattet, wenn auch teilweise nicht bewirtschaftet. Man musste also die Schlüssel von der Gemeinde anfordern.
Die Etappen waren teilweise sehr anstrengend und lang, aber nach 7 Caminos bin ich ja schon einiges gewohnt.